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Kevin allein unterwegs? Lauf mit!

Engagement Global Redaktion 0 Bildung Globales Lernen Globalisierung

In vier Wochen überwiegend zu Fuß von Frankfurt am Main nach Norderney: Dieses ambitionierte Vorhaben hat Kevin Ruiz, Süd-Nord-Freiwilliger aus Kolumbien, erfolgreich gemeistert. Das Wanderprojekt "Kevin allein unterwegs? Lauf mit!" hatte zum Ziel viele neue persönliche Kontakte zwischen der Zielgruppe der Entwicklungszusammenarbeit und Deutschen aus unterschiedlichen Orten, Bildungsschichten, Altersgruppen und Berufen zu knüpfen. Wir haben die Chance genutzt und Kevin auf seiner Reise interviewt.

Kevin und Clara stehen vor der Ausstellung zum Bambusprojekt
Kevin und Clara vor der Ausstellung zum Bambusprojekt. Foto: Samera Zagala

Engagement Global: Kevin, erzähl doch mal ein bisschen. Was verbirgt sich hinter dem Projekt BAMBUSWALDhoch10, für das du dich engagierst?

Kevin Ruiz: Das Projekt BAMBUSWALDhoch10 gibt es seit 2013. Es ist das zweite große Projekt von Schule fürs Leben e.V. und Escuela para la Vida und wurde letztes Jahr zum Beispiel auch von Engagement Global gefördert. Das Projekt ist wie ein Kreislauf aufgebaut. Alles beginnt mit der Aufforstung von Bambus. Daran knüpfen die Bildungsprojekte an, deren Inhalte sich vor allem an Kinder und Jugendliche in Kolumbien richten. Demnächst soll dann noch eine Bambuspresse in Betrieb genommen werden, mit der sich verschiedenste Bambusprodukte herstellen lassen. Es ist eine tolle Idee, die aber nicht neu ist. Sie entstand bereits in den 90er Jahren. Doch jetzt haben sich kolumbianische Architekten und Ingenieure neue Gedanken darüber gemacht.

Engagement Global: Wie kam die Kooperation der beiden Vereine zustande?

Kevin Ruiz: Die zwei Partnervereine Schule fürs Leben e.V. und Escuela para la Vida haben das Projekt ins Leben gerufen. Der Chef von Escuela para la Vida Andres Bäppler hat den Verein 2003 gegründet. Er ist Kolumbianer und wurde von seinen Landsleuten gebeten in seinem Heimatort eine Schule zu bauen.

Engagement Global: Wie finanzieren sich die Projekte?

Kevin Ruiz: Der Wald finanziert die Bildungsprojekte und schafft Arbeitsplätze. Im Bambuswald arbeiten ca. 20 Mitarbeiter, die ihre Fähigkeiten für die schwierige Arbeit an die Jüngeren weitergeben. Um das Projekt mitzufinanzieren, benötigen wir auch die Bambuspresse. Mit ihr werden 4-Kant-Hölzer für den konstruktiven Einsatz gesägt oder Platten für Tische, Türen und Möbel hergestellt. Prinzipiell müssen sich alle Projekte von Schule fürs Leben e.V. nach 10 Jahren selbst finanzieren.

Eine kleine Stadt am Rhein
Der Rheinsteig war sehr schön! Foto: Clara Seipel

Engagement Global: Warum liegt dir das Thema Bambus so am Herzen?

Kevin Ruiz: Mein Vater ist Handwerker und hat sein ganzes Leben lang mit Bambus und Rattan gearbeitet. Er kann Häuser und Brücken damit bauen. Ich habe viel von ihm gelernt. Und ich habe schon als Schüler Vorträge über Bambus und dessen Umwelt- und Wirtschaftsaspekte in meiner Schule gehalten. Das Thema ist mir also wichtig, weil es auch in unserer Familie immer eine große Rolle gespielt hat. Früher habe ich Triathlon gemacht, aber das mache ich nicht mehr und investiere meine Zeit jetzt in Bambusprojekte.

Engagement Global: In Deutschland machst du ein Freiwilligenjahr. Wo genau bist du beschäftigt und was machst du da?

Kevin Ruiz: Ich bin als Freiwilliger bei Schule fürs Leben e.V. , der Akademie für internationale Zusammenarbeit der GIZ und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Ich dokumentiere verschiedene Projekte zu den Themen Umwelt und Umweltpädagogik und arbeite zum Beispiel mit Lehrern zusammen. Eines meiner Lieblingsprojekte, zu denen ich arbeite, ist der Waldlehrpfad Bad Vilbel. Dort lernen Kinder, welche Tiere es gibt und dass es wichtig ist, die Natur zu respektieren. Außerdem dokumentiere ich das Projekt Grüngürtel in Frankfurt am Main. Die Grüngürtel sind wichtig, weil Menschen dort Natur und manchmal sogar auch Kunst erfahren können.

Zwei Schafe auf eine Wiese
Durch die Natur wandern macht Spaß Foto: Clara Seipel

Engagement Global: Hast du bestimmte Klischees über Deutschland gehört, bevor du hier hergekommen bist?

Kevin Ruiz: Ja, es hieß immer, dass Pünktlichkeit und Ordnung den Deutschen sehr wichtig seien. Das hat sich auf jeden Fall bestätigt. Anfangs war es für mich sehr schwierig, pünktlich zu Terminen zu kommen. Das bin ich aus Kolumbien ganz anders gewohnt, da schaut man nicht so genau auf die Uhr. Aber eigentlich finde ich es ganz gut so, denn so lassen sich Dinge leichter abstimmen und Menschen können besser miteinander arbeiten.

Engagement Global: Was vermisst du aus deiner Heimat Kolumbien?

Kevin Ruiz: Definitiv Agua de Panela. Das ist ein warmes, extrem süßes Getränk aus Zuckerrohrwasser. Und natürlich meine Familie, aber wir skypen oft und meine Mutter unterstützt bei allem. Sie kümmert sich gerade um die Immatrikulation an der Universität in meiner Heimatstadt Buga.

Engagement Global: Gibt es auch Vorurteile, die sich nicht bestätigt haben?

Kevin Ruiz: Ich hatte gehört, dass Deutsche ausländerfeindlich sind. Ich habe Geschichten von Kolumbianern gehört, die in Deutschland negative Erlebnisse gemacht haben. Ich empfinde das überhaupt nicht so. Ich wohne ja zurzeit in Frankfurt, da sind die Leute sehr offen und die Stadt ist multikulturell. Außerdem spreche ich jetzt schon besser Deutsch und finde mich gut zurecht. Ich werde auf jeden Fall viele spannende Eindrücke mit nach Kolumbien nehmen und werde schauen, welche Ideen sich vielleicht auch dort umsetzen lassen.

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